Helmut Heißenbüttel

 
     
 

Realismuskonzept am Beispiel von Dieter Asmus

 
     
 

Wenn Dieter Asmus einen Vogel im Flug oder einen Menschen im Sprung darstellt, gibt er weder ein Abbild im Sinne der Fotografie noch ein Sehbild im Sinne impressionistischer Malerei. Er hält seinen Gegenstand malend gleichsam an. Er stilisiert ihn nicht, er erfaßt ihn malend in einer Schicht, die mehr auszusagen vermag über den Gegenstand, als es eine bloße Kopie vermöchte. Asmus zeigt seinen Gegenstand wie in einer Momentaufnahme, einem Schnappschuß, aber er kopiert diesen Schnappschuß nicht, sondern benutzt ihn, um sozusagen das wahrere Gesicht der Realität zu enthüllen. Das, was wir mit dem Sinnesinstrument unserer Augen in einem ununterbrochenen Fluß sehen und was uns nur nachträglich zu feststehenden, wenn auch nie ganz gerinnenden Bildern wird, fängt Asmus mit malender Hand und steuerndem Auge gleichsam auf und führt es uns vor als das, was wir zwar gesehen, aber nicht erkannt haben. Das Auffangen des Gegenstands durch die Bildherstellung hat die Funktion einer ganz neuen, überraschenden, vielleicht auch schockierenden Einsicht. Das Foto bleibt dagegen eine aufs Sehen eingegrenzte Mumifizierung. Das Einsichtigmachen des Abgebildeten, die Methode, nach der das geschieht, bedeutet aber nicht und bedeutet vor allem dort nicht, wo das sogenannte Banale abgebildet wird, wertfreie, sogenannte objektive Darstellung, sondern stellt sich dar als die eigentlich kritische Kunstübung.

              In diesem Sinn erscheint mir das Werk von Dieter Asmus für das, was die „Gruppe  ZEBRA" in der Geschichte der europäischen Malerei bedeutet, zentral.


(erschienen im Katalog Nr.2 Gruppe ZEBRA)

 

 
     

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